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Re-ligio

WARUM ?




GOTT JA! - KIRCHE NEIN ?

Zeitgemäße Wege wagen, selbstbestimmt handeln

aus meiner ganz individuellen Gottes-Beziehung


Wer kann dem "lieben Gott" vorschreiben,
dass er sich uns nur öffnet, zuwendet,
wenn wir ein ganz bestimmtes Ritual
einer ganz bestimmten Kirche benutzen
und ganz genau deren Kirchen-Recht beachten ?

Der Geist weht wo ER will !
Und der Geist der Liebe kann garnicht anders,
als sich jedem nach ihm sehnenden Herzen zu öffnen !

Gott - oder wie man IHN auch immer nennt -
ist für einen jeden einzelnen Menschen direkt da !
Wir brauchen dazu nicht zwingend einen Vermittler
(ob als ein Priester oder eine Kirche) !

Wir können heute mündige "Kinder Gottes" sein !
Und so sehen wir alle Menschen als Geschwister
- weil Kinder Gottes - an, in der großen Familie Gottes.




NACHKRICHLICHES CHRISTENTUM

Ein Vorwort aus der Kirche von unten
Rupert Lay

Dass es heute ein nachkirchliches Christentum gibt, dürfte unbestritten sein.
Jeder, der nicht im kirchlichen Milieu geistig und geistlich gefangen bleibt, wird diesem Christentum alltäglich begegnen. Es wird getragen von Menschen, die sich außerhalb der Kirchen der Botschaft des Jesus von Nazaret verpflichtet fühlen - und das ohne alle kirchliche Bindung. Zwar gibt es betriebsblinde Theologen, die den Begriff «nachkirchliches Christentum» für eine contradictio in terminis halten, da sie sich Christentum nur als kirchliches vorstellen können. Diese Behauptung ist empirisch falsch (die Soziologie war genötigt, den Begriff «entkirchlichtes Christentum» einzuführen) und theologisch und - das ist das wichtigste - auch religiös nicht nur falsch, sondern infam. Spricht sie doch allen Menschen, die außerhalb und zum Teil gar gegen die institutionalisierten Kirchen christlich leben wollen, ihre Glaubwürdigkeit und ihre religiöse Authentizität ab. Ich bin jedenfalls außerhalb der Kirchen mehr überzeugenderen Christen begegnet als innerhalb. Zudem werden die Kirchen kaum in der Lage sein zu beweisen, dass Jesus sie in ihren heutigen Gestalten gewollt oder auch nur geduldet hätte.
Nachkirchlich kann ein Christentum aus zwei Gründen genannt werden:
1. Die Zeit der Kirchen ist, wie schon einst der berühmte Abt Joachim von Fiore (1145-1202) vermutete, vorüber. Hier gilt jedoch zu bedenken, dass die drei großen Epochen europäischer Geschichte (Altertum, Mittelalter und Neuzeit) sehr verschiedene Formen christlicher Kirchlichkeit ausgebildet haben und wir heute nur am Ende der neuzeitlichen Kirche stehen. Es mag sein, dass einmal das Christentum wieder zurückkehrt in die Kirchen, aber das werden dann andere Kirchen sein.
2. Manche Menschen wuchsen und wachsen religiös aus der Kirche heraus, lassen sie hinter sich, weil sie ihrem Christ-Sein eher schädlich denn nützlich sind.
Dieses Buch (s.S.37) handelt von der zweiten Form der Nachkirchlichkeit. Ihr voraus geht ein horizontales Schisma. "Die da oben" (Papst und viele Bischöfe) können sagen und schreiben, was sie wollen, "die da unten" (Laien, viele Priester, manche Bischöfe) tun das, was sie für richtig halten und vor ihrem christlichen Gewissen verantworten können. Gäbe es dieses Schisma nicht, würden noch mehr Menschen die Kirchen verlassen.
Diese Thesen sind das Ergebnis vieljähriger Erfahrungen im Zusammenleben mit Menschen, die zwar dem Leben und der Lehre Jesu nachfolgen wollen, nicht aber dem Leben und Lehren der Kirchen, die sich christlich nennen. Es sind in ihrer Mehrzahl Menschen, welche die Kirchen verlassen haben, weil sie religiös aus ihnen herausgewachsen sind. Sie wollen Christ sein (das meint dem Leben und der Lehre Jesu folgen) und fühlen sich in diesem Mühen durch die Institution Kirche eher behindert denn unterstützt.
Es ist töricht anzunehmen, dass es nur zwei Gründe gäbe, die Kirchen zu verlassen: die Kirchensteuer und die Vollstreckung der lange zuvor vollzogenen inneren Kündigung. Es gibt einen dritten. Und der sollte die Kirchen sehr viel gründlicher nachdenken lassen: die Entchristlichung des kirchlich-etablierten Christentums in Europa. Dieses Buch handelt also nur über die europäischen Kirchen. Es mag sehr wohl sein, dass in Indien oder Südamerika das Christentum im inneren Sinne noch kirchlich ist.
«Christentum» bezeichnet unbestritten das ernsthafte Bemühen, sein Leben an der Lehre und dem Leben Jesu (seiner Botschaft also) zu orientieren. Die Kirche machte aber aus Christentum einen ausgedehnten Katalog von Glaubensbekenntnissen und Dogmen, von Inhalten also, die zu glauben sind. Und die Kirchen machten sich zu Agenten dieser Dogmen. Sie verkündeten sie. Sie bestrafen Abweichler. Wenn ich die vielen hundert Dogmen der katholischen Kirche auf ihre Wirksamkeit auf mein persönliches Christ-Sein befrage, bleiben davon höchstens ein halbes Dutzend zu nennen - und die sind meist nicht etwa von der Kirche definiert, sondern von Jesus gelehrt.
So ist etwa das strenge Verbot des moralischen Verurteilens ein von Jesus gelehrtes Dogma - doch die Kirche hielt es für so nebensächlich und unerheblich, dass es in keiner ihrer Lehraussagen auch nur erwähnt wird. Im Gegenteil: Kirchen tun sich allemal leicht im moralischen Verurteilen. Wie rechtfertigen sie eigentlich ihren Anspruch, Kirche des Jesus von Nazaret zu sein? Wie legitimieren sie ihre Existenzberechtigung, die sie darin sehen, das «depositum fidei» (den «Glaubensschatz») zu verwalten?
Doch nicht das Glauben macht den Menschen zum Christen, sondern die Nachfolge Christi.
Das Lukasevangelium schreibt: «Glücklich sind jene, die das Wort Gottes hören und es befolgen» (11,28). Der Glaube kommt nicht vom Hören, sondern vom Handeln, wenn schon das religiös-orientierte Handeln das religiös-orientierte Hören voraussetzt.
Menschen, die dieses nachkirchliche Christentum leben, gilt es heute religiöse Geborgenheit zu geben - eine Geborgenheit, die sie - zu Recht oder Unrecht - nicht mehr in den Kirchen finden. Das böse Wort: «Jesus ja! Kirche nein!» droht zu einem schlagenden Wort um die Wende ins neue Jahrtausend zu werden. (S. 9-13)



Rupert Lay
Nachkirchliches Christentum -
Der lebende Jesus und die sterbende Kirche
Econ-Verlag, ISBN 3-430-15939-3
Rupert Lay ist ordentlicher Professor für Philosophie und Jesuitenpater,
er hält weltweit Seminare für Manager.



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